Sabine
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Mittwoch, 29. Dezember 2021
Zwischen Weihnachten und Anfang Januar mach ich nix! Naja fast, denn Weihnachten verbring ich bei meinen Eltern und in der Arbeit geht’s erst nächstes Jahr weiter. Deshalb steht bis Neujahr nix an und ich hab so viel Zeit wie sonst nie.
Deshalb nutz ich dann auch diese Zeit bei meinen Eltern, um zu schauen, was so alles in meinem Leben passiert ist. Ich schaue dann alte Fotoalben an. Oder noch besser: Ich geh auf den Dachboden und stöbere dort rum. Das macht echt Spaß und es kommt vieles wieder hoch, was ich eigentlich schon längst vergessen hab. Ich hab da meinen Schachcomputer wiedergefunden. Den hat mir mein Opa geschenkt. Er hat mir auch das Spielen beigebracht. Und weil Opa ja nicht immer mit mir spielen kann, hat er mir das Teil dann geschenkt.
Immer wenn ich solche Dinge wieder entdecke, fällt mir ein, was mir mal wichtig gewesen ist. Welche Hobbies ich hatte. Und ich merke dann, wer mich wie geprägt hat. Deshalb frag ich mich dann auch, wo der oder die heute noch ne Rolle bei mir spielt? Was war und ist mir wichtig? Und dafür hab ich zum Glück bis Neujahr Zeit. Ich mach aus der Zwischenzeit also einen kleinen Boxenstopp. Und wenn ich dann nach Hause fahre und das Neue Jahr anbricht, hab ich aufgetankt und weiß wieder, wo’s hingehen soll.
Sabine
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Montag, 27. Dezember 2021
Meine kleine Nichte schaut mich fragend an: „Und was kommt nach Weihnachten?“ Mit Weihnachten verbindet sie eine Reihe von Festen: Nikolaus, ihren Geburtstag, dann kommen zuerst Oma und Opa bringen Geschenke und dann an Weihnachten der Rest der Familie. Davor gibt’s noch in der Schule und im Verein die Weihnachtsfeiern, bei denen gewichtelt wird,...
Ich kann schon verstehen, wenn sie sich so freut, dass so viele Menschen nett zu ihr sind und das nicht aufhören soll…
Und eigentlich hört das ganze Nett sein ja nicht mit Weihnachten auf: Es gibt noch ein Nachspiel. Denn als Christin feiere ich an Weihnachten, dass Gott Mensch geworden ist. Er ist nicht mehr nur der unsichtbare Gott von oben, sondern er ist einer von uns. Er begegnet mir als Mensch und kann fühlen wie ich. Mensch sein wird dadurch ganz schön aufgewertet.
Deswegen ist Weihnachten für mich mehr, als nur den neugeborenen Menschen in der Krippe zu feiern. Sondern es geht eben auch um die Menschen an sich und um mich herum. Wenn Gott den Menschen als Mensch begegnet, dann steckt für mich in jeder Begegnung etwas davon drin.
Wenn mich z.B. jemand tröstet oder wenn ich jemanden zum Lachen bringe. Und das gilt für mich auch noch nach Weihnachten: Nett sein und Gutes tun. Gott ist Mensch geworden und nun liegt es an mir, was ich daraus mache.
Sabine
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Freitag, 17. Dezember 2021
An Weihnachten gibt’s in meiner Familie den Brauch, immer einen Teller mehr auf den Tisch zu stellen, als Personen da sind. Wir machen das für den unerwarteten Gast, der vielleicht noch kommt. Und der darf sich dann gleich willkommen fühlen, als hätten wir auf ihn gewartet.
Und immer wenn ich dann den zusätzlichen Teller auf den Tisch stelle, muss ich daran denken, dass mir das selbst auch schon passiert ist. Ich bin selbst unerwarteter Gast gewesen. Ich wollte nur kurz meinen Müll wegbringen und zack, ist mir die Tür ins Schloss gefallen und ich hab mich ausgeschlossen! Ich musste auf meine Mitbewohner warten und weil’s draußen geregnet hat, hab ich nebenan geklingelt. Menschen, die ich vorher noch nie gesehen habe, haben mich zu sich reingelassen und ich hab mit ihnen dann ganz unerwartet zu Abend gegessen. Diese Menschen haben mich echt gerettet an dem Tag.
Und deswegen find ich diesen Brauch mit dem Teller echt schön. Nicht nur an Weihnachten! Und auch nicht nur weil ich es selber schon erfahren habe.
Der Brauch steht auch dafür, wie ich Mitmenschen begegnen möchte, nämlich gastfreundlich und hilfsbereit.
Sabine
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Donnerstag, 18. November 2021
Bei Todesanzeigen sehe ich manchmal ein Symbol. Einen Kreis mit einem Punkt darin. Für mich ist das dann immer ein Hinweis, dass ein Pfadfinder verstorben ist. Denn das Symbol ist für Pfadfinder ein Wegzeichen und bedeutet: Ich habe meine Aufgabe erfüllt und bin nach Hause gegangen. Das Symbol wird beim Schnitzeljagd-Spielen verwendet.
Wenn ich es aber im Netz oder in der Zeitung sehe, dann sehe ich auch das, wofür es noch steht: Für Pfadfinder, die ihre Aufgabe im Leben erfüllt haben.
Ich bin Pfadfinderin und habe versprochen, mein Bestes zu tun, die Welt ein wenig besser zu verlassen, als ich sie vorgefunden habe. Ich hab also versprochen eine Weltverbesserin zu sein. Ein Gedanke, den die meisten Pfadfinder, die ich kenne, irgendwann einmal versprochen haben.
Eine Mamut-Aufgabe und klar, ich kann’s nicht immer. Aber ich kann es immer wieder versuchen und mir auf jeden Fall wie ein Mantra hochhalten.
Wenn ich also den Kreis mit dem Punkt darin sehe, dann weiß ich, dass jemand gestorben ist. Der oder die hat was verändert und die Welt ein Stückchen besser gemacht. Und gleichzeitig mahnt mich der Kreis, ebenfalls mein Bestes zu tun.
Sabine
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Dienstag, 16. November 2021
Also alte Zeichen und Symbole fand ich ja schon immer faszinierend. Noch dazu, wenn sie sowas wie ein Geheimcode sind, weil Gleichgesinnte sofort wissen, was dahinter steckt.
Ging mir so, als ich jemandem übers Internet zwei Kartons Fliesen abgekauft habe. Ich hab mir das Auto geschnappt und bin dann los um sie abzuholen. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt, aber ich hab bei so Aktionen manchmal ein komisches Gefühl, weil ich ja nicht weiß, auf wen ich treffen werde.
Und dann hab ich einfach geklingelt. Ein junger Typ öffnet und wir halten einen kurzen Schnack. Er hilft mir dann sogar die Fliesen zum Auto zu tragen. Und dann sagt er: „Ah, wir sind im gleichen Verein.“ Und ich steh natürlich erstmal auf dem Schlauch. „Na, der Fisch am Auto“, klärt er mich auf. Er meint meinen Aufkleber! Ein Fisch-Symbol, ein altes Zeichen, mit dem sich Christen zu erkennen geben.
Plötzlich sind wir uns vertrauter, weil wir wissen, was uns verbindet und wir beide in der Kirche unterwegs sind. Mit sowas hab ich echt nicht gerechnet, als ich losgefahren bin.
Gut, es ist jetzt nicht mehr so das Megageheimnis, wofür ein Fisch am Auto steht. Aber ich find’s schon cool, drauf angesprochen zu werden. Noch dazu, wenn man sich dann auch ohne viel Worte versteht.
Sabine
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Sonntag, 07. November 2021
„Mit Yoga zum inneren Ich“ – so stand es auf dem Flyer. Und ich nur: Blödsinn. Yoga, das ist doch der Sport mit den seltsamen Verrenkungen, Füße über den Kopf und so. Wie soll man dabei zur inneren Ruhe kommen? Trotzdem bin ich neugierig. Also gehe ich eine Stunde Yoga gratis schnuppern.
Das erste was wir machen sind Atemübungen. Das macht mich sprachlos. Ich kann doch atmen, das muss ich doch nicht erst üben. Dann sollen wir „loslassen“. Wir sollen unseren Gedanken freien Lauf lassen. Ich probiere es aus, aber es ist gar nicht so einfach, weil mir ständig neue Sachen durch den Kopf gehen. Als nächstes soll ich bei einer Dehnübung meinen Atem überall spüren und bei jedem Ausatmen noch ein bisschen mehr ins Dehnen gehen. Geht’s noch? Das tut doch weh! Während meine Yogalehrerin aus Gummi ist, bin ich fix und fertig. Und was ist mit der Entspannung des inneren Ichs? Gut, dass es nur eine Schnupperstunde gewesen ist, denke ich mir und gehe.
Als ich zu Hause bin, merke ich dann aber, wie mein Rücken sich gelöst anfühlt und ich innerlich entspannt bin.
Ich bin überrascht: Auch wenn ich vorher gedacht hab „das wird eh nichts“, hat es sich doch gelohnt, was Neues auszuprobieren.
Sabine
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Samstag, 06. November 2021
Er traut sich und ich bin gerührt. Mein bester Kumpel heiratet! Es hat lange gebraucht, aber jetzt ist er sich sicher, er will seine Freundin für immer an seiner Seite haben!
Er hat mir erzählt, dass er schiss gehabt hat sie zu fragen. Ich trau mich nicht – hat er sich immer gedacht. Manchmal hat ihm einfach der Mut gefehlt, manchmal war es nicht der richtige Augenblick und manchmal hat er auch einfach Angst gehabt, dass sie „Nein“ sagt.
Ich trau mich nicht zu fragen. Aber genau darum geht’s doch gerade: Nämlich, dass ich mich traue. Dass ich nicht nur eine Frage stelle, sondern dass ich mir auch zutraue, mein Leben gemeinsam mit einem anderen Menschen zu gestalten. Mich jemandem anvertraue und gleichzeitig auch jemandem vertraue. Und das obwohl ich nicht weiß, ob das gut gehen wird!
Ne Garantie gibt’s eben nicht. Aber sich trauen, heißt eben auch positiv denken. Es wird gut werden. Und es gehört eben Mut dazu, auch weil’s mal schwierig werden kann. Aber dann ist’s eben umso wichtiger, dass ich das Grundvertrauen zum Anderen nicht verliere und mich traue, daran festzuhalten.
Das wollen mein Kumpel und seine Freundin wagen. Ich finde das sehr mutig und freue mich für die beiden. Sie wagen es und vertrauen in sich selbst und in den anderen, dass es klappen wird.
Sabine
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Dienstag, 02. November 2021
Knallbunte Totenköpfe mit Blumen verziert und Frauengesichter, die kunstvoll wie ein Totenkopf bemalt sind. So sehen verschiedene Motive aus, die ich in letzter Zeit häufig im Netz gesehen habe. Sie nennen sich „Sugar Skulls“ und „La Catrina“. Und stammen aus dem Totenkult von Mexiko. Am 2. November feiern dort die Mexikaner den Día de los Muertos, ein Fest zu Ehren der Toten. Und das ist dort keine Trauerveranstaltung. Die Leute schmücken mit bunten Skeletten die Straßen und Gräber, singen und tanzen. Sie feiern einfach, denn für die Mexikaner gehören die Toten zum Leben dazu.
Find ich irgendwie ganz schön so den Tod im Leben zu integrieren. Ist für mich aber auch gewöhnungsbedürftig, weil kenn ich so aus Deutschland gar nicht. Als Katholikin bin ich mit dem Feiertag Allerseelen aufgewachsen, einem Tag zu Ehren der Verstorbenen, an dem ihre Gräber besucht werden. Nur wenn ich dann auf dem Friedhof stehe, sehe ich oft nur traurige Gesichter. Es ist ja auch nicht leicht von jemandem Abschied zu nehmen.
Der festliche Totenkult aus Mexiko zeigt mir aber, dass der Tod kein Trauerspiel sein muss. Und darum geht’s ja eigentlich auch an Allerseelen: Es gibt noch ein Leben nach dem Tod.
Sabine
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Donnerstag, 24. Dezember 2020
Heilig Abend ist bei uns in der Familie mit ganz vielen Traditionen gespickt. Das fängt damit an, dass wir den Christbaum erst am Morgen des 24. aufstellen und schmücken. So als Marker, dass jetzt der Advent vorbei ist und Weihnachten beginnt. Und dann wird das Essen zubereitet. Traditionell kommt bei uns an Heilig Abend immer Karpfen mit Kartoffeln und Kraut auf den Tisch. Fisch deshalb, weil der Fisch ein altes Zeichen der Christen ist. Und wenn wir den Tisch decken, dann muss da immer ein Gedeck mehr sein, als Personen da sind. Für den Gast, der vielleicht noch unerwartet auftaucht und der soll sich dann herzlich willkommen fühlen. Und erst wenn wir mit dem Essen fertig sind, dann kümmern wir uns um die Bescherung. So, in Kurzform, läuft unser Heilig Abend ab.
Für mich ist dieses Event mehr als nur ein Familienfest. Es geht nämlich um unser Menschsein und um das, was uns miteinander verbindet. Dass wir füreinander da sind und miteinander teilen, was uns gut tut. Essen, Wärme, Lieder, Freude,… Und, dass wir das auch weitergeben und dafür offen sind, es auch mit anderen zu teilen.
Das ist unsere christliche Tradition, bei der es immer darum geht, dass wir menschlich miteinander umgehen. Und zwar ganz im Sinne Gottes, der an Weihnachten Mensch geworden ist.
Sabine
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Sonntag, 13. Dezember 2020
Einmal hab ich den Fehler gemacht und hab an den Adventswochenenden in einem Kaufhaus gejobbt, bis Heilig Abend. Was ich da erlebt habe, hat mich so traurig gemacht, dass ich mir gesagt habe: Ne so nicht, so will ich das nicht. Ich hab Menschen erlebt, die wie Zombies ins Geschäft stürmen, alles Mögliche einkaufen und als Geschenk verpacken lassen. Ein Vater mit seinen Kindern rechts und links, eine Vase nach der anderen inspizierend: Kinder, was sollen wir Mama schenken? Ein junger Typ mit verzweifeltem Gesichtsausdruck am Schmuckständer: Die Herz- oder die Sternkette? Ich hab ihm das innerliche Ene-mene-Miste-Abzählen angesehen. Und all diese Notgeschenke hab ich dann verpacken dürfen. Mich haben diese Geschenkezombies echt traurig gemacht.
Um selbst nicht so zu werden, habe ich für mich festgehalten: Schenken ja, aber! Ich mag’s Menschen eine Freude zu machen. Ich mach mir gerne Gedanken über sie und schenke ihnen Kleinigkeiten.
Denn inzwischen sind meine Freunde und ich in einem Alter, indem wir uns selbst kaufen können, was wir möchten. Also brauch ich nicht kurz vor Weihnachten ins Kaufhaus gehen. Sondern dann reicht auch eine selbstgestaltete Karte oder etwas selbst Eingekochtes. Und denen, die mir ganz nahe stehen, schenk ich Zeit. Zeit um sie zusammen zu genießen, irgendwo, irgendwie.