Linus
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Sonntag, 22. September 2024
Diesen Sommer war ich mal wieder auf einem Festival, in der Nähe von München. Da hat auch Soffie gespielt. Das ist eine junge Sängerin, die Anfang des Jahres mit ihrem Song „Für immer Frühling“ total viral gegangen ist.
Sie singt in diesem Lied davon, dass sie von einer Welt träumt, in der alle Menschen willkommen sind, in der niemand hungern muss und in der es keine Kriege mehr gibt. Eigentlich ist der Song also total positiv. Trotzdem gibt es offenbar einige Leute, die solche Dinge aufregen. Deshalb bekommt Soffie im Internet unfassbar viele Hassnachrichten. Da sind zum Teil echt abstoßende Beleidigungen dabei.
Bei ihrem Konzert auf dem Festival war die Stimmung total gut. Da haben die Leute um mich herum miteinander getanzt und mitgesungen – einfach eine gute Zeit gehabt! Dort war die Reaktion auf ihre Musik vollkommen anders als auf Instagram und TikTok. Viel positiver, einfach schöner. Ich glaube, so ein persönliches Erlebnis macht echt einen Unterschied: Die Musik live zu hören, zusammen feiern und Gemeinschaft erleben - das ist eine ganz andere Perspektive. Die wünschen ich auch allen, die anonymen Bullshit im Internet verbreiten. Damit dieser ganze Hass irgendwann aufhört.
Linus
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Samstag, 21. September 2024
Vor Kurzem habe ich eine Reportage gesehen, da ging es um Leute, die aus der Gesellschaft ausgestiegen sind. Sie haben ihren Job aufgegeben und leben jetzt im Wald. Sie haben sich dazu ganz bewusst entschieden, vor allem, weil ihnen in der Gesellschaft die Ruhe gefehlt hat.
Obwohl sich die Aussteiger komplett selbst versorgen, sagen einige Leute sagen jetzt, dass sie „faul“ sind. Weil sie ihre Zeit nicht nutzen, um was „Produktives“ zu leisten: Wenn sie das, was gerade für sie erforderlich ist, getan haben, machen sie den restlichen Tag einfach das, worauf sie Lust haben.
Die Aussteiger haben schnell gemerkt, dass dieses vermeintliche Faulsein sie verändert: Zum Beispiel achten sie mehr auf ihre Gesundheit, seitdem sie das Tempo in ihrem Leben reduziert haben.
Auch wenn Aussteigen für mich keine Option ist – ich kann das echt gut nachvollziehen. Auch in meinem Alltag ist es oft hektisch und ich habe das Gefühl, meine Zeit produktiv nutzen zu müssen. Wenn ich mich lieber mit Freunden treffe und Sport mache und dafür meine Hausarbeit vor mir herschiebe oder E-Mails nicht beantworte, dann habe ich abends oft ein schlechtes Gewissen. Im Nachhinein merk ich aber oft, wie sehr mich dieses „Faulsein“ erholt hat und dass mir das Nichtstun die Möglichkeit gegeben hat, über mich selbst mal in Ruhe nachzudenken.
Deshalb will ich dieses Nichtstun für mich in Zukunft anders bewerten: Nicht mehr als Faulheit, sondern als Teil eines guten Lebens.
Linus
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Freitag, 20. September 2024
Im Urlaub habe ich am Eingang einer Kirche ein altes Kunstwerk aus dem Mittelalter gesehen, das mich irritiert hat. Gott urteilt da über die Menschen und teilt sie in zwei Gruppen ein: Die Gerechten kommen in den Himmel, die Ungerechten in die Hölle. Man nennt diese Szene auch das „Jüngste Gericht“.
An dieser Darstellung ist mir etwas Besonderes aufgefallen: In der Gruppe, die in die Hölle kommt, sind auch Menschen mit Kronen und teuren Gewändern gewesen, also Könige und sogar Priester! Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Darstellung bei ihrer Entstehung für Aufsehen gesorgt hat. Sie stellt die soziale Hierarchie völlig auf den Kopf, denn die Mächtigen haben da ja gar keine Macht mehr.
Und obwohl diese Darstellung so alt ist, finde ich sie total aktuell. Es gibt ja immer noch Staatschefs, die ihre Bevölkerung unterdrücken und Kriege beginnen. Und mir fallen auch Geistliche ein, die ihre Macht ausnutzen.
Die Darstellung macht also deutlich: Macht oder Reichtum – so etwas zählt vor Gott nicht. Damit hat man keine besseren Chancen, in den Himmel zu kommen. In Seinen Augen sind alle Menschen gleich. Es kommt darauf an, wie sie leben und wie sie handeln.
Linus
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Donnerstag, 19. September 2024
Auf Instagram und TikTok sehe ich gerade immer wieder einen Trend, „Museum der Misserfolge“ heißt der. Da teilen Menschen in kurzen Videos Situationen aus ihrem Leben, in denen etwas anders gelaufen ist, als sie es sich erhofft haben.
Da erzählt jemand von einem abgebrochenen Studium oder ein Paar von seinem unerfüllten Kinderwunsch. Manche teilen da auch Eigenschaften von sich, die sie nicht leiden können. Zum Beispiel, dass sie sich nie gut genug fühlen und immer das Gefühl haben, besser sein zu müssen als sie es sind.
Vor Kurzem wurde mir mal wieder so ein Post angezeigt. Da ist eine Sache aber anders gewesen: Das waren die Misserfolge von Jesus. Und Sein „Museum“ war ziemlich voll. Da stand zum Beispiel, dass Er den Familienbetrieb nicht übernommen hat, dass Er von Seinen Verwandten für verrückt gehalten wurde und dass selbst ein Verbrecher beliebter war als Er.
Dass selbst Jesus solche Momente erlebt hat, tröstet mich, weil auch ich Angst habe, dass mir etwas misslingt. Zum Beispiel die Erwartungen meiner Familie zu enttäuschen oder mich bei anderen unbeliebt zu machen. Die Misserfolge von Jesus helfen mir zu akzeptieren, dass ich nicht alles im Griff habe und schon gar nicht perfekt bin. Sie zeigen mir: Misserfolge sind einfach ein Teil des Lebens.
Linus
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Mittwoch, 18. September 2024
Habt ihr eigentlich einen Lieblingswitz? Ich glaube, Papst Franziskus hat sicher einen. Denn im Juni hat er 100 Komiker aus der ganzen Welt eingeladen. Aus Deutschland zum Beispiel Annette Frier und Torsten Sträter, Till Reiners und Hazel Brugger waren da auch dabei.
Ich dachte mir zuerst: So ganz passt das irgendwie nicht zusammen – der Papst und Comedians. Franziskus meinte bei diesem Treffen aber, dass Komiker mit ihrer Arbeit Wunder vollbringen, denn sie bringen Menschen zum Lachen, auch wenn sie eigentlich über Probleme und Missstände reden. Ihre Arbeit lässt ja einen ganz anderen Blick auf schwierige Themen zu.
Franziskus hat den Komikern dafür gedankt, dass sie trotz so vieler schlechter Nachrichten die Kraft haben, andere zum Lächeln zu bringen und dadurch ja auch ganz unterschiedliche Menschen erreichen. Dieses Treffen hat mich zum Nachdenken gebracht. Denn meistens geht es im Glauben und in der Kirche ziemlich ernst zu. Aber wenn schon der Papst Humor so wichtig findet, dann sollte vielleicht auch ich darauf mehr Wert legen. Denn andere zum Lachen zu bringen und selbst zu lachen, das kann ja echt ein eine Verbindung herstellen zu anderen, eine ganz persönliche. Und vielleicht sogar zu Gott.
Linus
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Dienstag, 17. September 2024
„Leben und leben lassen“ – das ist so ein Spruch, den ich häufig höre. Er sagt ja so viel wie: Anderen die Freiheit geben, dass sie so leben können, wie sie es sich vorstellen – und nicht über sie zu urteilen.
Vor einigen Jahrhunderten ist so eine Haltung noch undenkbar gewesen. Damals hat die Sünde noch eine große Rolle gespielt, also ein Verhalten, das die Leute als besonders schlimm empfunden haben. Da gab es sogar Listen, in denen genau beschrieben wurde, was alles so eine Sünde ist. Zum Beispiel nicht regelmäßig zu beichten oder beim Essen zu reden, aber auch Sex in „ungewöhnlichen Positionen“ wurde da genannt.
Diese Regeln haben das Verhalten der Leute damals stark geprägt, auch ihren Alltag. Wenn man sie verletzt hat, konnte man sogar aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.
Zum Glück ist das heute anders. Ich finde, wir sind ziemlich tolerant geworden, auch wenn jemand sich mal unangepasst verhält. Wenn heute jemand von Sünde spricht, dann ist das meist anders gemeint. Ich denke da an so Begriffe wie „Modesünde“ oder „Umweltsünde“ oder „Verkehrssünde“. Da geht es nicht um einen Verstoß gegen starre Vorschriften.
Wenn ich heute von irgendeiner Sünde spreche, dann hat das mit Werten zu tun, mit meinen persönlichen Werten oder gesellschaftlichen Werten. So formuliert ist eine Sünde dann nichts mehr, was über andere urteilt. Sondern dieser Begriff kann dann helfen, mir über meine eigene Verantwortung Gedanken zu machen.
Linus
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Montag, 16. September 2024
Im Urlaub habe ich vom „Fliegenden Pfarrer“ gehört – da war ich im Osten Frankreichs, an der Grenze zur Schweiz. Aus der Region kam auch dieser Pfarrer.
Als dieser Pfarrer in den 1940ern in seine neue Gemeinde gekommen ist, war die Kirche in dem Ort wohl in echt schlechtem Zustand, aber um sie wieder herzurichten, hatte die Gemeinde kein Geld. Irgendwann kam dem Pfarrer dann die Idee, durch Turmsprünge das nötige Geld zu verdienen. Bei einer Veranstaltung ist er dann aus 35 Metern in einen Fluss gesprungen.
Mit dem verdienten Geld konnte die Kirche einigermaßen wieder in Stand gesetzt werden. Der Pfarrer hat aber weitergemacht – und ist in ganz Europa gesprungen. Er hat daraus wohl ein richtiges Event gemacht. Mit dem Geld hat er den Religionsunterricht in seiner Gemeinde finanziert und soziale Projekte unterstützt.
Dieser Pfarrer hat mich echt fasziniert: Seine Turmsprünge zeigen ja, wie leidenschaftlich er sich für seine Gemeinde eingesetzt hat. So etwas Ungewöhnliches zu machen, braucht großen Mut. Aber durch seinen Glauben hat er sich getragen gefühlt; er wusste, dass sich sein Einsatz lohnt. Das möchte ich auch für mich mitnehmen: Wenn ich darauf vertraue, dass mein Einsatz wertvoll ist, habe ich die Kraft, neue Wege zu gehen. Und dieses Vertrauen, das kann mir mein Glaube geben.
Linus
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Samstag, 29. Juni 2024
Letztens habe ich in einem WG-Zimmer ein Poster gesehen, das mich ziemlich beeindruckt hat. Es zeigt einen Freund von Jesus, der seine Finger in die Wunden von der Kreuzigung legt. Dieser Freund heißt Thomas. Eigentlich ist das schon eine weirde Situation – die Finger in die Verletzungen von jemand anderem zu legen.
Von diesem Thomas wird berichtet, dass er am Anfang an Jesu Auferstehung gezweifelt hat. Er meinte, er könne erst daran glauben, wenn er seine eigenen Finger dorthin legt, wo bei der Kreuzigung die Nägel waren. Er will also absolute Gewissheit haben. Eine Woche später erscheint ihm dann der auferstandene Jesus und sagt zu ihm, er solle Ihn berühren und aufhören zu zweifeln.
Genau dieser Moment ist auf dem Poster dargestellt. Und zwar so, dass Jesus selbst die Hand von Thomas zu Seinen Wunden führt. Ganz vorsichtig greift Er sie.
Ich denke mir, Jesus könnte Thomas für seine Zweifel ja auch verurteilen. Aber stattdessen geht Er auf Thomas zu. Er erkennt die Situation von ihm und sieht seine Fragen. Das berührt mich.
Denn wenn ich manchmal selbst Fragen habe und zweifle, fühle ich mich auch wie ein kleiner Thomas. Dieses Poster hat mich daran erinnert, dass diese Zweifel zum Glauben dazugehören. Und sie völlig in Ordnung sind.
Linus
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Freitag, 28. Juni 2024
Leute, habt ihr eigentlich mal gelacht in einer Kirche?! Ich? Höchstens ein paar Mal, auf jeden Fall nicht so oft. Gefühlt passt das nicht so ganz zueinander. Die Stimmung in so einem Gottesdienst ist ja irgendwie eher andächtig und ernst.
Ich glaube, das müsste aber gar nicht so sein. Selbst in der Bibel gibt’s nämlich Stellen mit Humor. Zumindest das Lachen spielt da eine Rolle.
Besonders schön finde ich eine Stelle ziemlich am Anfang. Da kündigt Gott einem Ehepaar an, dass sie noch ein Kind bekommen werden – obwohl sie dafür eigentlich schon viel zu alt sind und ihr Leben lang kinderlos waren. Als sie das hören, lachen die beiden. Ich weiß nicht, ob sie lachen, weil diese Ankündigung für sie so absurd klingt und sie nicht so richtig daran glauben können. Oder ob sie lachen, weil sie sich so sehr freuen. Der Grund für das Lachen ist in dieser Erzählung aber auch gar nicht so wichtig. Dass überhaupt gelacht wurde – das steht eigentlich im Zentrum.
Und als die beiden dann einen Sohn bekommen, nennen sie ihn „Isaak“. Das heißt ungefähr: „Gott hat jemanden zum Lachen gebracht“. Für mich wird da deutlich, wie schön es ist, zu lachen. Selbst da, wo man es gar nicht so richtig vermutet.
Linus
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Donnerstag, 27. Juni 2024
Ich mache gerade viele Fahrradtouren. Dabei versuche ich möglichst schnell zu fahren, weil ich so echt alles aus mir rausholen kann.
Immer wieder überhole ich auch andere Fahrradfahrer. Manchmal fahre ich an ihnen aber nicht gleich vorbei: Vor allem an Anstiegen passe ich mich gern auch mal ihrer Geschwindigkeit an und fahr mit ihnen gemeinsam ein Stückchen. Denn obwohl ich mich gern so richtig auspowere, ist es auch wichtig, ab und zu mal durchzuschnaufen. Auch wenn die anderen Radfahrer nur einen Ticken langsamer fahren als ich, merke ich schnell, wie mich das erholt. Und trotzdem komme ich am Ende noch mit einer guten Geschwindigkeit oben an – gemeinsam mit dem anderen Fahrer. Und wenn wir so zusammenfahren, können wir uns auch gegenseitig motivieren.
Diese Situation auf dem Rad passt eigentlich auch gut in meinen Alltag. Auch da will ich gerne Gas geben. Und gleichzeitig ist es wichtig, ab und zu eine Verschnaufpause zu machen. Sonst bin ich am Ende total erschöpft – eben genau wie bei einer Fahrradtour.
Und ich glaube, dass dafür auch im Alltag andere Leute wichtig sind. Indem man sich nicht als Konkurrenz wahrnimmt und alles schneller machen will als die anderen. Sondern als Unterstützung, mit der man denselben Berg hochfährt. Das kann uns beide beflügeln. Und am Ende kommen so auch alle an.