Lisa Joy
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Sonntag, 09. November 2025
Über den heutigen Tag bin ich schon öfter gestolpert. Eine komische Mischung aus Feiern und Schweigen. Freude über die Freiheit. Und Schmerz über das, was Menschen einander angetan haben. Denn an einem 9. November fiel die Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland.
Menschen lagen sich in den Armen, es war der Beginn der Wiedervereinigung.
An einem anderen 9. November brannten Synagogen, Menschen wurden gejagt und ermordet. Ein schrecklicher Tag für das jüdische Leben in Deutschland. Zwei bedeutende Ereignisse am gleichen Tag – zu völlig unterschiedlichen Zeiten – und an beide erinnern wir uns heute. In mir löst das verwirrende Gefühle aus. Soll ich mich jetzt heute freuen, oder traurig sein? Ich glaube beides kann Platz in mir haben. Und soll es auch. Beides ist wichtig. Und das heißt dann nicht, dass man das eine Ereignis dadurch klein macht. Sondern wahrnimmt, wie unterschiedlich Geschichte laufen kann. Und dadurch wird mir ganz klar - ich will heute, in dieser Zeit und in unserem Land für das Verbindende einstehen, Menschen wertschätzen, zusammen feiern, Mauern überwinden, nicht neue aufbauen. Und ganz besonders will ich die Menschen im Blick haben, die in Angst und Unsicherheit leben müssen.
Lisa Joy
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Freitag, 07. November 2025
Mittags bin ich meistens komplett durch. Meistens hab ich da schon richtig viel geschafft und mein Kopf ist einfach voll. Gerade deshalb freu ich mich jede Woche auf das Mittagessen mit ein paar Freunden. Das ist kein ganz normales Mittagessen, sondern bevor wir essen, nehmen wir uns 15 Minuten Zeit, um zur Ruhe zu kommen und zu beten. Wir kommen meistens aus ganz unterschiedlichen, vollen Vormittagen und haben viele Gedanken und Gefühle in uns. Letztes Mal war eine Freundin voll dankbar, weil sie morgens Zeit hatte zum Kaffee trinken, der andere Freund kam super gestresst an, weil er ne anstrengende Sitzung hinter sich hatte und ich war einfach nur müde, weil ich in der ersten Stunde schon Reli unterrichtet hatte. Mit all dem, was so in uns ist, sprechen wir dann ein Gebet, lesen ein paar Verse aus der Bibel und werden ruhig. Lassen das los, was bisher war und kommen in der Gegenwart an. Am Ende beten wir noch füreinander und bitten Gott darum, dass er uns hilft, uns in der zweiten Hälfte des Tages auf das Wichtige zu konzentrieren und Menschen liebevoll zu begegnen. Ich bin ehrlich: Manchmal hab ich schon so Hunger bevor wir mit dem Beten anfangen, dass ich einfach gern direkt essen würde. Aber ich bin jedes Mal so froh, dass wir uns die Zeit nehmen. Ich bin dann nachmittags viel entspannter und freundlicher, weil ich mich einmal selbst unterbrochen und neu ausgerichtet habe. Diese Woche sind meine Freunde nicht da – ich mach die Pause trotzdem. Denn das geht auch allein.
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Mittwoch, 05. November 2025
Mittwochabend, 18 Uhr. Während andere aufs Sofa fallen, tanze ich mich bei Zumba in Grund und Boden. Da mach ich nämlich gerade einen Kurs an der Volkshochschule. Und ich liebs. Eine Stunde lang dance ich ab und geb alles. Mir tut das richtig gut, einfach mal nichts denken, sondern in die Musik und Bewegungen eintauchen. Aber ich sags euch, ich war so aufgeregt, als ich mich angemeldet habe. Davor hatte ich nämlich noch nie Zumba gemacht. Es hat mich so viel Überwindung gekostet, dass ichs fast nicht gemacht hätte. Und zack, drei Wochen später bin ich voll im Game. Da hab ich mal wieder gemerkt, dass Neues auszuprobieren immer ein bisschen aufregend ist, sich aber so oft lohnt. Ganz viel davon, was mich nervös macht, stellt sich später als total unberechtigt raus. Deswegen will ich jetzt an neue Dinge anders rangehen. Nämlich mit der Frage: Wie werde ich mich wahrscheinlich fühlen, wenn ich die Sache drei Mal gemacht habe? Und meistens stelle ich fest, dass ich mich dann sicher und gut fühlen werde, weil die größte Unsicherheit die ist, dass ich mich an diesem Ort oder in dieser Aktivität eben noch nicht auskenne. Naja, und um das zu ändern muss mans halt einfach mal ausprobieren. Also, lets go, oder in meinem Fall, lets dance.
Lisa Joy
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Montag, 03. November 2025
Vor kurzem war der Last Soul Ultra und irgendwie hat mich das richtig gepackt. Das Prinzip ist ganz einfach: Jede Stunde muss man 6,7km laufen. Wie schnell ist egal. Aber: Wer zu Beginn der nächsten Stunde nicht wieder an der Startlinie steht ist raus. Und das geht so lange, bis nur noch eine Person übrig ist. Dieser Last Soul Ultra ging einfach mehrere Tage. In der dritten Nacht waren nur noch 2 erfahrene Sportler übrig, die schon über 400 Kilometer gerannt waren. 400! Die beiden haben alles gegeben. Ich mein, das muss man sich mal vorstellen. 3 Tage ohne Schlaf und ohne wirkliche Pause. Am Ende blieb nach 448,9km einer als Gewinner übrig, aber stolz können die alle auf sich sein! Ich fand das extrem faszinierend, was Menschen alles können, wenn sie alles geben. Während ich den Last Soul Ultra verfolgt habe, hab ich mich gefragt, ob es was gibt, für des ich alles geben würde? Am Ende kam ich bei ganz wenig Dingen raus: Freunde/Familie – und mein Glaube. Natürlich ist das etwas ganz anderes als ein Last Soul Ultra. Aber der Glaube gibt mir soviel Hoffnung, Geborgenheit und Kraft, dass ich denke dafür würde ich alles geben.
Lisa Joy
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Sonntag, 31. August 2025
Sind sie denn auch kritikfähig? Erst gestern war ich bei einem Bewerbungsgespräch dabei und das ist eine Frage, die dort immer wieder gestellt wird - und ich glaube fast niemand beantwortet die mit nein. Ich vermute das würde auch echt nicht gut ankommen. Und ich glaube es ist leicht sich einzureden, dass man kritikfähig ist.
Ich zumindest denke auch, dass ich ganz gut mit Kritik umgehen kann. Das denke ich allerdings oft nur so lange, bis jemand tatsächlich meine Arbeit oder meine Art Dinge zu tun kritisiert. Da geh ich dann sofort in eine Verteidigungshaltung und fahr innerlich alle Schutzpanzer hoch, um ja nicht verletzt zu werden.
In vielen Fällen ist so eine Reaktion eher kontraproduktiv und hilft gar nichts, weil ich dann gar nicht auf die Dinge schauen kann, die vielleicht wirklich berechtigt sind. Aber ich merke, dass ich mich durch Kritik ganz schnell in meiner Identität angegriffen fühle. Dass es sich für mich anfühlt, als würde jemand mich als Lisa Joy in Frage stellen, obwohl es doch eigentlich nur um einzelne Sachen geht.
Für mich ist der entscheidende Punkt, um gut mit Kritik umgehen zu können, dass ich darüber mit Gott rede. Der macht nämlich ganz klar, dass er uns liebt, ohne dass wir irgendwas leisten können und müssen dafür.
Wenn dieser Gedanke in meinem Herz groß wird, dann fällt es mir viel leichter, gut und produktiv mit Kritik umzugehen, weil ich dann unterscheiden kann zwischen meiner Leistung und meinem Wert als Person. Denn der hängt nicht von meiner Arbeit ab.
Lisa Joy
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Freitag, 29. August 2025
Du könntest du auf meiner Geburtstagsfeier ein paar Songs spielen? Das hat mich neulich ein Freund gefragt und ich hab zugesagt. Ich mach nämlich total gerne Musik, eigentlich aber lieber mit anderen zusammen in Bands, das ist so meine comfort zone - wenn ich mich einfach nur aufs Singen konzentrieren kann. An dem Abend war ich aber alleine und das fand ich schon ein bisschen aufregend. Klavierspielen und Singen gleichzeitig – und das bei meinen eher mittelmäßigen Klavierbegleitungsskills.
Im Endeffekt hat es aber sowohl dem Geburtstagskind und seinen Gästen als auch mir richtig Spaß gemacht und wir hatten voll die gute Zeit. Und da hab ich mal wieder gedacht wie gut das tut, wenn andere mich manchmal herausfordern und motivieren, meine Talente auszuleben und weiterzuwachsen.
So war für mich auch meine Kirchengemeinde. Das war für mich ein richtiger Raum zu wachsen, weil es in der Kirche immer Menschen gab, die mich ermutigt und an die Hand genommen haben. Wenn es Kirche gelingt, dass junge Menschen in ihr Räume finden, wo ihnen jemanden etwas zutraut, wo sie erleben, dass sie etwas können und wo Menschen in sie investieren – dann hat sie für mich eine ihrer zentralen Aufgaben erfüllt.
Solche Räume gibt’s nicht nur in Kirchen, das ist klar. Aber Kirchen sollten auf jeden Fall solche Räume sein – ich hab das so erlebt und will die Augen offen halten, wo ich das nächste Mal jemanden ermutigen kann.
Lisa Joy
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Mittwoch, 27. August 2025
Letzte Woche war ich mit der Deutschen Bahn unterwegs und in Stuttgart hatte mein Anschluss eineinhalb Stunden Verspätung. An dem Morgen war ich nicht im Stress und bin deshalb mit meinen Kolleginnen und Kollegen Richtung Innenstadt, um da ein Käffchen zu trinken und mir die Zeit zu vertreiben. Und wie wir in das Café reinlaufen sitzt da auf einmal meine Tante, die überhaupt nicht aus Stuttgart kommt und sich zufällig genau dort mit einer Freundin verabredet hatte. Und so hatten wir total unverhofft eine richtig schöne Stunde gemeinsame Zeit an diesem Montag Morgen.
So oft reg ich mich ultra über die Dinge auf, die in meinem Leben nicht so funktionieren, wie ich es geplant hatte. Und manchmal ist eine Bahnverspätung wirklich richtig blöd, wenn man deshalb einen wichtigen Termin verpasst oder irgendwo stecken bleibt. Aber ich merke, dass ich mich innerlich voll oft auch dann aufrege, wenn es gerade eigentlich nicht ganz so dramatisch ist. Letzte Woche war es auf jeden Fall so eine gute Entscheidung die Zeit einfach zu nutzen, anstatt genervt am Bahnhof stehen zu bleiben. Ich glaube das ist echt eine Kunst: Situationen zu erkennen, an denen man nicht viel ändern kann und seine Energie dann in Planänderungen zu investieren, anstatt in Ärger. Das gelingt mir zwar nur manchmal, aber letzte Woche hat mir mal wieder gezeigt – da kann auch was Cooles draus entstehen.
Lisa Joy
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Montag, 25. August 2025
Ich geh im Moment jede Woche mit meinem Mann Nicolas ein paar Stunden wandern. Wir haben sehr unterschiedliche Arbeitszeiten und viele Abendtermine und versuchen deshalb die gemeinsamen Zeiten die wir haben, schön für uns zu machen. Und es tut uns richtig gut gemeinsam zu wandern: da haben wir einfach Zeit zum entspannt reden, schöne Natur, keine Ablenkungen. Wir als Paar brauchen solche Zeiten regelmäßig. Manches kann man nicht nebenher besprechen und manche Träume und Wünsche und coolen Ideen gehen in Alltagsgesprächen sonst schnell unter.
Genauso wie ich solche Zeiten in meiner Beziehung und in meinen Freundschaften brauche, brauche ich solche Zeit auch mit Gott. Vor allem wenn viel los ist in meinem Leben, dann werd ich schnell überfordert und komm in so nen Arbeitsstrudel, wo ich nur noch meine ToDo Liste abarbeite und gar nicht mehr einordnen kann, was grade wirklich wichtig und dran ist. Dann tut es mir so gut mit Gott zu reden, über das was mich beschäftigt, meine Sorgen und Ängste und das wovon ich träume. Und ich erlebe, dass sich dann mein Herz und Kopf oft sortiert. Da hab ich zum Beispiel heute gecheckt, dass Zeit für meine Freundin grade wichtiger ist als eine auf hochglanz polierte Wohnung.
Wenn ich mit Gott rede, rücken meine vielen ToDos und Ansprüche wieder in eine bessere Ordnung und ich kann viel ruhiger weitermachen. Weil ich weiß, dass er mich liebt und dass er will, dass ich mit Freude, nicht unnötigem Stress durchs Leben gehen kann.
Lisa Joy
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Sonntag, 03. August 2025
Neulich hatte ich nen freien Tag und richtig Lust was mit anderen zu unternehmen, aber irgendwie hatte niemand von meinen Freunden und meiner Familie Zeit.
Und erst war ich traurig, aber dann hab ich beschlossen, mir einfach alleine nen schönen Tag zu machen. Ich hab also ne Fahrradtour gemacht, Eis gegessen, mich mit meinem Buch auf ne Bank draußen in der Natur gechillt und in Ruhe mit Gott über mein Leben geplaudert. Ich hatte einen super schönen Tag und hab da mal wieder gemerkt, wie besonders es sein kann, Dinge allein zu unternehmen. Man nimmt alles viel intensiver war, muss auf niemanden Rücksicht nehmen und kann tun, was man will. Obwohl ich das schon davor wusste, warte ich oft irgendwie auf Andere - Dass die was mit mir unternehmen. Damit verpass ich aber schöne Momente. Und das will ich nicht.
Mir hilft dabei, dass ich weiß, dass ich ja nie ganz alleine bin, sondern, dass ich Gott bei solchen Touren begegnen kann – und Menschen, die man unterwegs trifft. Und die man viel intensiver wahrnimmt, wenn man alleine unterwegs ist. Umso öfter ich solche Solotouren mach, desto weniger Überwindung kostet mich das. Tatsächlich freu ich mich jetzt sogar schon drauf, das nächste kleine Abenteuer alleine zu erleben.
Lisa Joy
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Freitag, 01. August 2025
Neulich hab ich einer Freundin Blumen vorbeigebracht, weil sie‘s gerade ziemlich schwer hat. Irgendwie war mir das als Idee gekommen, einfach um zu zeigen, dass ich an sie denke und um ihr ne kleine Freude zu machen. Das hat nicht lang gedauert und hat sowohl mir als auch ihr richtig gut getan.
Im Nachhinein hab ich dann gemerkt wie selten ich sowas eigentlich mache. Viel zu selten. Ich kreise in meinem Leben schon wirklich oft um mich selbst. Ich will, dass es mir gut geht, dass ich tun kann, was ich will und meine Zeit für mich gut nutze. Und es gibt ganz viele Dinge, die mir sehr wichtig scheinen und unaufschiebbar sind. Dabei gehen meine Mitmenschen dann manchmal ganz schön schnell unter.
Einer der bekanntesten Bibelverse heißt ja: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Auch wenn das ziemlich anspruchsvoll scheint, glaube ich, dass dieser Satz ein guter Wegweiser im Leben ist. Ich soll mich selbst lieben und gut für mich sorgen, aber eben nicht nur, sondern auch für andere.
Das bleibt herausfordernd, aber wenn ich den Vers ernst nehme, gehe ich dabei nicht unter. Und gleichzeitig hilft es mir mit Freude im Herz auch die Menschen um mich herum in den Blick zu nehmen. Denn kleine Gesten können für jemanden in einer blöden Lage oft ganz viel bedeuten.