Tobi
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Donnerstag, 12. Oktober 2023
Ich hab Stuttgart vor kurzen aus ner anderen Perspektive kennengelernt. Und zwar bei einer alternativen Stadtführung. Die hat ein Mensch gemacht, der früher mal auf der Straße gelebt hat. Bei der Stadtführung haben wir auch ein Experiment gemacht: Einer aus unserer Gruppe hat versucht Straßenzeitungen zu verkaufen. Es war abends und echt viele Menschen in der Stadt. Ich dachte der bekommt safe ne Zeitung verkauft. Aber: Alle Menschen sind an meinem Kumpel vorbeigelaufen. Er hat keine Zeitung verkauft. Viele Leute haben sogar die Straßenseite gewechselt oder bewusst weggeguckt. Das habe ich selbst auch schon öfter gemacht. In solchen Momenten war es mir irgendwie unangenehm diese Armut zu sehen. Viel unangenehmer ist es aber ja natürlich für den, der da auf der Straße steht. Menschen laufen vorbei und tun so als ob man Luft ist. Das tut glaube ich ganz schön weh. Ich glaube, dass kein Mensch freiwillig auf der Straße lebt. Niemand sagt: Ich will gerne mal Obdachlos werden. Und deshalb finde ich es besonders hart, dass diese Menschen so oft ignoriert oder bewusst gemieden werden. Und dagegen kann ich ja was tun. Ich muss jetzt nicht jedes Mal eine Zeitung kaufen. Aber statt wegschauen und Straßenseite wechseln, kann ich ja zumindest nen freundlicher Blick da lassen.