Linus
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Mittwoch, 27. Dezember 2023
So langsam ist die Weihnachtszeit schon wieder vorbei: In meinem Kalender stehen neue Termine und die Deko wird allmählich abgebaut.
Manches ist aber auch noch da: Bei uns zuhause steht noch die Krippe. Immer wieder bleibe ich davor stehen. Seit Weihnachten liegt in ihr das Christuskind und immer wieder komme ich bei Seinem Anblick ins Staunen.
Natürlich habe ich die Weihnachtsgeschichte oft gehört – und trotzdem bleibt dieses kleine Kind für mich faszinierend. Denn die Vorstellung, dass dieses süße Baby Gott ist, fordert mich heraus.
Gott könnte ja auch als König erscheinen, als jemand mit Macht. Aber stattdessen liegt Er als kleines Kind in einer Krippe. Ganz wehrlos. Er ist von anderen abhängig. Mit dem Bild, das ich sonst von Gott habe, passt das nicht so richtig zusammen.
Aber Gott macht das ja nicht ohne Grund – sondern um uns ganz nahe zu kommen, um das Leben wirklich mit uns zu teilen.
Wenn ich an der Krippe stehe, erinnre ich mich daran und denke darüber nach. Vielleicht lasse ich sie also noch länger stehen.
Linus
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Samstag, 16. Dezember 2023
Im Herbst war ich zum ersten Mal auf der Frankfurter Buchmesse. Das ist eine der weltweit größten Buchmessen. Tausende Besucher kommen hier jedes Jahr hin, um sich zu vernetzen und neue Bücher zu entdecken.
Ich war von der Größe der Messe echt überwältigt. Weil ich selbst sehr gern lese, hat es mich auch gefreut, bekannte und bedeutende Autoren zu sehen.
Vor allem aber war ich von der Vielfalt auf der Buchmesse beeindruckt. Wie viele Themen und Genres es gibt, von unzähligen verschiedenen Verlagen. Dazu auch viele Veranstaltungen und Diskussionen, bei denen Autoren ihre Meinung zu gesellschaftlichen Themen austauschen.
Dabei ist mir mal wieder klar geworden, wie toll es ist, dass so viele unterschiedliche Meinungen und Perspektiven aufeinandertreffen können. So konnte ich mich selbst mit verschiedenen Ideen auseinandersetzen – und meinen eigenen Horizont erweitern. Und mir ist wieder klar geworden, dass das alles nur möglich ist, weil die Freiheit in Deutschland so groß ist!
Frei seine eigene Meinung und seine Gedanken äußern zu dürfen, ist hier eigentlich so normal, dass es mir im Alltag oft gar nicht auffällt. Vor den vielen Büchern in Frankfurt ist mir das mal bewusst geworden, wie wertvoll diese Freiheit des Wortes ist.
Linus
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Freitag, 15. Dezember 2023
Kennt ihr die auch? Diese endlosen Warteschleifen am Telefon mit diesen nervigen Jingles? Ganz ehrlich, ich rege mich da jedes Mal darüber auf. Und auch beim Arzt im Wartezimmer sitzen zu müssen, finde ich ziemlich lästig. Warten fällt mir irgendwie schwer.
Die vier Wochen des Advents sind auch eine Zeit des Wartens. In vielen Adventsliedern heißt es daher, man soll warten und sich bereit machen. Also sich auf Weihnachten vorbereiten, und auf das, was Weihnachten für einen bedeutet.
Wie gesagt, ich finde dieses Warten nicht einfach. Immer wieder ertappe mich auch, wie ich sage: ,,Warte kurz“ – so, als wäre das Warten etwas Schlimmes, das ich anderen ersparen möchte.
Der Advent bedeutet für mich daher auch, zu merken, wie schön Warten eigentlich sein kann. Denn für manche Dinge lohnt sich das Warten – weil sie so kostbar und wundervoll sind, dass ich mich schon freuen kann, bevor es überhaupt so weit ist.
In den Adventsliedern heißt es daher nicht nur: „Wartet auf das was da kommt“, sondern: „Wartet und freut euch darauf“!
Linus
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Samstag, 23. September 2023
Ich war in ner Ausstellung mit Fotos von David LaChapelle. Er gehört zu den wichtigsten Fotografen der Gegenwart.
Einige seiner Fotos zeigen Jesus – an Orten, die ganz gewöhnlich und modern sind: vor einem Fast-Food-Restaurant, in einer WG-Küche oder auf einer vielbefahrenen Kreuzung. Immer stehen viele Leute um ihn herum. Sie sind jung und tragen Sweatshirts, haben Piercings und Tattoos.
Diese Fotos haben mich ziemlich irritiert. Sie sehen ganz anders aus als die Darstellungen von Jesus, die ich sonst so kenne.
Der Fotograf hat seine Fotoserie „Jesus is my homeboy“ genannt, also „Jesus ist mein Kumpel“. Seine Fotos zeigen, dass die Freunde von Jesus keine reichen oder angesehenen Leute waren. Die Apostel waren in der damaligen Gesellschaft eher Außenseiter. Heutzutage würde sich Jesus wohl mit den Menschen auf der Straße und Randgruppen herumtreiben, also mit Junkies und Obdachlosen wahrscheinlich.
Deshalb finde ich die Fotos von LaChapelle so gut. Denn da wird sichtbar, dass Jesus für die Welt bis heute wichtig ist: weil er über Klischees hinwegsieht und jeden willkommen heißt.
Linus
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Sonntag, 10. September 2023
In ein paar Tagen fahre ich mit meiner Familie in den Urlaub. Wir sind dann zum Wandern in den Schweizer Alpen, so wie eigentlich jedes Jahr.
Als ich jünger war, fand ich das ziemlich langweilig: Zwei Wochen in einem winzigen Dorf, weit weg von meinen Freunden. Dazu dann noch anstrengendes Durch-die-Berge-Laufen.
Inzwischen sehe ich das anders. Ich freue mich schon richtig auf diese Zeit. Denn ich hab verstanden, wie wichtig so eine Erholung für mich ist. Gerade im Vergleich zum normalen Alltag. Da ist Vieles hektisch, immer sind Leute um mich herum, und viel Zeit verbringe ich an meinem Smartphone und im Sitzen.
Die Zeit in den Alpen ist echt das Gegenteil dazu. Für ein paar Tage ist mein Kalender einfach mal leer. Anstatt am Schreibtisch zu lernen, kann ich mich viel bewegen. Mein Leben geht da langsamer als sonst. Das finde ich sehr angenehm. Und ich hoffe, davon ein wenig in meinen Alltag mitnehmen zu können. Vielleicht gelingt mir das, indem ich auch zuhause mal wandern gehe, für einen halben Tag in die Natur.
Linus
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Donnerstag, 07. September 2023
Wenn‘s im Sommer so heiß ist, hab ich ständig Durst. Ich nehm deshalb immer eine Trinkflasche mit, egal wo ich hingehe. Aber selbst wenn ich viel trinke, fühle ich mich abends oft ganz schön ausgetrocknet.
Von Jesus wird erzählt, dass es ihm auch mal so ging. Es gibt vor allem eine Stelle, in der das ein Thema ist: Da trifft er am Brunnen eine Frau, die gerade Wasser schöpft. Als Jesus sie um etwas zu trinken bittet, ist sie überrascht. In ihrem Dorf wird sie nämlich gemieden, heute würde man sagen: Sie erlebt Slutshaming. Die beiden sprechen kurz miteinander, und Jesus meint dann: „Wer vom Wasser aus dem Brunnen hier trinkt, wird wieder Durst bekommen. Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben.“
Den Durst, der durch das Brunnenwasser gestillt wird, kenne ich schon immer. Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich aber auch, was Jesus mit dem anderen, dem inneren Durst meint: Das sind meine Wünsche und Sehnsüchte. Akzeptiert werden, mit mir selbst zufrieden sein, mich verstanden fühlen.
Diesen großen Durst zu stillen, ist mit einem Glas Wasser eben nicht getan. Dafür muss ich anfangen, mich mit manchem abzufinden – aber auch auf Gott zu vertrauen. Denn dann kann ich meine Unsicherheit loslassen, weil ich dann nicht perfekt sein muss.
Linus
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Mittwoch, 23. August 2023
Eine Freundin von mir war für einige Wochen im Krankenhaus. Sie hat seit Jahren Rückenschmerzen, und hat sich endlich behandeln lassen.
Ich habe sie in dieser Zeit besucht. Wir haben auch darüber gesprochen, was die letzte Zeit so bei uns passiert ist. Und natürlich war das ziemlich unterschiedlich: bei ihr ging es um Medikamente, bei mir um Konzerte, auf denen ich war.
Als ich aus dem Krankenhaus wieder rausgegangen bin, kam ich mir ziemlich oberflächlich vor: Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich meine Gesundheit quasi für selbstverständlich genommen habe.
Bei meiner Freundin im Krankenhaus ist mir bewusst geworden, dass es auch ganz anders sein kann. Und es ein Geschenk ist, wenn ich mein Leben uneingeschränkt gestalten kann, ganz nach meinen Vorstellungen.
Deswegen möchte ich dem Schönen in meinem Leben mit mehr Demut begegnen.
Demut, das heißt für mich nicht, dass ich mich klein machen muss – sondern eher mal einsehen, dass ich Vieles nicht in der Hand habe, dass es etwas gibt, das größer ist als ich, von dem ich abhänge. Wenn ich so drüber nachdenke, fallen mir da ganz schön viel Aspekte ein, bei denen das so ist. Mit meiner Gesundheit fängt das aber an.
Linus
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Dienstag, 22. August 2023
Ende Juni habe ich meine letzte Klausur in diesem Semester geschrieben. Da war ich echt erleichtert: Die Monate davor hatte ich so gut wie keine Lernpausen, immer stand eine andere Klausur an.
Mit dieser letzten Klausur hat sich das total geändert. Auf einmal konnte ich meine Tage wieder für anderes nutzen: mehr Sport, mal für ein paar Tage verreisen, mit Freunden bis zum Sonnenaufgang wachbleiben.
Aber inzwischen ist auch das schon wieder vorbei: In den Semesterferien muss ich zwei Hausarbeiten schreiben. Seitdem sitze ich wieder viel allein am Schreibtisch.
Manchmal wünsche ich mir, dass mein Leben beständiger wäre. Damit meine ich diesen starken Wechsel von Stress und Freizeit. Deswegen versuche ich, zumindest selbst ein bisschen ausgeglichener zu sein. Also meine Stimmung nicht zu sehr von dem äußeren Wandel abhängig zu machen.
Dabei hilft es mir, etwas Routine in meinen Alltag zu bringen: Samstagmittag geh ich immer mit einem guten Freund ins Café, und dienstags immer Radfahren. Für mich sind das Momente, um die ich andere Termine „drumherum baue“.
Sie bleiben fast immer gleich – egal ob ich gerade Ferien habe oder bald eine Klausur schreibe. Sie helfen mir, mich nicht mehr so mitreißen zu lassen von dem Wandel um mich herum. Das gibt mir Orientierung und Gewissheit.
Linus
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Montag, 21. August 2023
Seitdem ich 14 bin, muss ich ab und zu stottern. Etwa, wenn ich mit Leuten rede, die ich nicht so gut kenne. Das ist mir dann ziemlich unangenehm. Deswegen rede ich auch nicht so gern vor größeren Gruppen. Besonders stark ist es, wenn ich Französisch spreche. Das ärgert mich sehr, denn eigentlich kann ich das gut und weiß, welches Wort das richtige ist – aber beim Aussprechen streikt dann mein Mund.
Vor ein paar Wochen habe ich einen Artikel gelesen, in dem es auch darum ging. Der Journalist hat über sein eigenes Stottern geschrieben. Und er hat gemeint, dass es auch etwas Positives haben kann: Denn eigentlich soll in unserer Gesellschaft ja alles asap passieren und im Flow bleiben, weil alle so ungeduldig sind. Das Stottern stellt sich diesem „Betriebsablauf“ quasi ein bisschen entgegen, das war so seine These.
Mir hat’s echt gutgetan, diesen Artikel zu lesen! Denn eigentlich trifft man in den Medien nie darauf. Eine Talkshow, in der gestottert wird, so etwas gibt es ja überhaupt nicht. Vielen wäre das sicher unangenehm, mir wahrscheinlich auch. Grad deshalb bin ich so froh, dass das mal jemand zum Thema gemacht hat: dass man auch mal über seine Schwächen spricht, ganz locker, und denen sogar was Gutes abgewinnt.
Linus
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Dienstag, 11. Juli 2023
Vor ein paar Monaten habe ich eine Erzählung aus dem Alten Testament gelesen. Die heißt „Susanna im Bade“. Eigentlich kann ich mit den Geschichten aus dem Alten Testament oft nicht so viel anfangen: Sie erzählen von Gesellschaften, die viele Tausend Jahre alt sind und ganz anders aufgebaut als die heutige.
Mit der Susanna-Erzählung ist das anders: An Susanna, eine verheiratete Frau aus Babylon, machen sich in der Geschichte zwei alte Richter ran. Als Susanna sich dann auszieht, um zu baden, kommt es zum Übergriff. Susanna kann sich zwar erfolgreich wehren, aber wird von den beiden Männern beschuldigt, selbst Ehebruch begangen zu haben. Erst über Umwege wird dann endlich ihre Unschuld bewiesen und die beiden Männer bestraft.
Ich finde es krass, wie aktuell diese Geschichte eigentlich ist. Und gleichzeitig bedrückt mich das umso mehr. Denn der Aspekt der sexualisierten Gewalt in dieser Geschichte ist erst vor wenigen Jahren so richtig betont worden. Ich hoffe, dass wir darüber immer aufmerksamer werden und so die Gewalt auch irgendwann aufhört.