Mein kleiner Neffe Janosch steht im Garten und heult. Er hat sich beim Spielen auf die Nase gelegt und dabei weh getan. Ich nehme ihn in den Arm und versuche ihn mit dem all-time favourite aller Sätze zu trösten: „Alles ist gut…“
Später hab ich nochmal über diese Situation und über diesen Satz nachgedacht.
Janosch hat der Satz in diesem Moment geholfen. Er hat sich getröstet gefühlt.
Ich glaube aber, dass der Satz „Alles ist gut“ dazu gar nicht so recht taugt. Denn es stimmt ja nicht, dass „alles gut“ ist. Jedenfalls nicht in diesem Moment, wenn jemand traurig ist. Mit „Alles ist gut“ behaupte ich aber indirekt, dass es für meinen kleinen Neffen gar keinen Grund gibt, traurig zu sein. Und damit vielleicht auch kein Recht.
Ich frage mich, wie oft es mir wohl sonst im Alltag passiert, dass ich anderen Menschen und vor allem mir selbst so gut gemeinte Trostsätze aufsage. Wenn ich mich immer nur schnell über alles, was unangenehm ist, versuche hinwegzutrösten – täusche ich mich da nicht selbst? Ich fühle, wie wichtig es ist, auch mal anzuerkennen und auszuhalten, dass etwas nicht gut ist oder sogar richtig zum Heulen.

 

 

Quelle: https://www.kreuzquer.info/?id=4438