Vor sechs Jahren ist mein Opa gestorben, mein „nonno“, wie man in Italien sagt, wo meine Familie herkommt. Weil die Reise zu seiner Beerdigung zu lang gedauert hat und ich es mir auch zu der Zeit nicht leisten konnte habe ich es nicht mehr geschafft dabei zu sein. Ich glaube, wenn ich auf der Beerdigung gewesen wäre, würde es mir leichter fallen um ihn zu trauern. Als ich dann ein paar Monate später das erste Mal am Grab gestanden bin ist so gar nichts in mir hochgekommen und ich habe mich deswegen schuldig gefühlt. Auf dem Friedhof gibt es nichts, was mit meinem „nonno“ zu tun hat. (So habe Jahre damit zugebracht den Verlust irgendwie einzuordnen. Ohne Ergebnis.)

Neulich bin ich dann mit dem Auto nach Hause gefahren. Es kam ein gutes Lied und ich habe lauthals mitgegrölt. Da hats mich erwischt. Plötzlich ist er wieder da gewesen. Ich habe ganz unvermittelt an ihn denken müssen und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Da habe ich dann gemerkt, dass mir das relativ oft passiert. Immer wieder ist er einfach plötzlich da. Wenn ich Angst oder Sorgen habe, wenn ich etwas Schönes erlebe oder im Stress bin. Manchmal bringt mich das zum Lachen und manchmal zum Weinen.

Ich habe festgestellt, ich brauche keine Beerdigung oder einen Friedhof um zu trauern. Das tu ich ganz automatisch immer dann, wenn ich an ihn denke. Ich habe ihn eigentlich immer in meinem Herzen dabei.

Ich habe noch nicht endgültig herausgefunden, wie ich mit Verlusten umgehen kann. Ich finde das keine Frage des Alters. Ich weiß aber, dass jemand den man liebt immer Teil von einem bleibt.

 

 

Quelle: https://www.kreuzquer.info/?id=4223