Benni
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Sonntag, 01. Juni 2025
Ein Tag vor Ostern ist unsere Katze verschwunden.
Ich habe mir erst mal nichts dabei gedacht. Ich mein, Katzen haben ihren eigenen Kopf und sind eben auch mal länger draußen.
Meine Mom war sich aber sicher, dass da was nicht stimmt. Damit hatte sie recht. Bis zum Abend keine Katze.
Wir haben echt alles versucht, sie wiederzufinden. Plakate aufgehängt, auf Facebook geschrieben, mit jedem gesprochen, der vorbeigegangen ist. Wir sind alle mehrmals um das Haus herum, auf die Felder und in den Ort gelaufen. Auch zwei Tage später: keine Katze.
Meine Mom hat das ganze echt schön mitgenommen.
Ich glaube, das war das traurigste Osterfest, das wir je hatten.
Gott sei Dank ist zum Schluss alles gut geworden. Nach drei Tagen stand sie wieder vor der Tür. Sie war über die Osterfeiertage in einem leeren Haus eingesperrt, nur zwei Häuser weiter.
Ich weiß noch, wie fertig uns alle ihr Verschwinden gemacht hat. Weil uns so schlimme Sachen in den Kopf kamen: Jemand hat die Katze geklaut, ein Fuchs hat sie gerissen, sie liegt irgendwo verletzt und kann nicht zurückkommen.
Mir ist klar, dass solche Geschichten nicht immer so gut ausgehen wie bei uns. Aber manchmal ist es eben auch ganz einfach. Das Glück wartet dann tatsächlich hinter der nächsten Haustür. Auch wenn's vielleicht ein bisschen kitschig klingt, für uns war das ein kleines Osterwunder.
Benni
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Samstag, 31. Mai 2025
In den Osterferien war ich für ein paar Tage in Frankreich. An einem Abend hab ich mich überreden lassen, einen Tanzkurs zu besuchen – genauer: einen für bretonischen Gruppentanz.
Bei so einem Tanz hält man sich an den Händen oder am kleinen Finger und tanzt dann im Kreis durch den Raum. Das ist für die Bretagne typisch.
Ich hatte so was vorher noch nie gemacht und auch noch nie einen Tanzkurs besucht. Und das Ganze jetzt auch noch auf Französisch!
Ich lerne zwar in der Schule Französisch, aber viel bleibt da nicht hängen. Für ein Croissant beim Bäcker oder einen Kaffee reicht’s gerade noch.
Ich hab also schon geahnt, dass ich keine der Anweisungen verstehen werde. Aber es war trotzdem richtig cool! Neben sehr lustigen Gruppentänzen habe ich noch etwas anderes gelernt:
Meine alte Französischlehrerin hat immer gesagt: „Sprache verbindet.“ Wahrscheinlich hat sie damit auch recht gehabt.
Aber an diesem Abend habe ich erlebt, dass Tanzen und Musik noch viel mehr verbindet.
Um Musik zu fühlen, brauche ich keine Sprache. Tanzen kann ich zu jedem Lied, auch wenn ich den Text nicht verstehe.
Ich finde es immer noch beeindruckend, wie schnell ich dort mit Leuten connected habe, wie schnell da eine Stimmung und Atmosphäre entstanden ist – auch ohne Sprache, nur mit Tanzen und Musik.
Wenn ich mal wieder in Frankreich bin, dann melde ich mich auf jeden Fall nochmal zum bretonischen Gruppentanz an.
Benni
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Freitag, 30. Mai 2025
Auf TikTok habe ich Videos von einem christlichen Influencer gesehen. Der verkauft auch Merch. Was da auf den Pullis und T-Shirts steht, ist für mich aber alles andere als christlich. Auf einem steht ein Zitat aus der Schöpfungsgeschichte der Bibel. Da steht: „Er schuf sie als Mann und Frau.“
Das steht zwar so in der Bibel, aber die Message, die der Influencer vermitteln will, ist: Es gibt nur Mann und Frau und sonst nichts.
Ich bin auch Christ, aber ich seh das anders: Auf unserer Welt und bei Gott hat es Platz für mehr als nur Mann und Frau. Zum Beispiel auch für Transpersonen.
Und eigentlich gibt die Bibel auch genau das her.
In der Schöpfungsgeschichte ist nämlich immer die Rede von zwei Polen, die weit auseinander liegen. Da wird gesagt: Gott schuf Tag und Nacht, Himmel und Erde oder Land und Meer. Aber es gibt ja auch noch was dazwischen. Zum Beispiel sind zwischen Meer und Land auch Strand und Ufer. Und außerdem ist es bei uns ja nicht einfach nur hell und dunkel. Denn wir haben auch viele Farbtöne dazwischen, morgens ist der Himmel auch mal rosa und abends orange-rot, bevor's ganz dunkel wird.
Ich bin mir sicher, dass zur Schöpfung alles gehört. So verstehe ich das, was in der Bibel steht.
Würd' ich so ein Pulli mit 'nem Zitat aus der Schöpfungsgeschichte tragen, dann würde bei mir draufstehen: „Er schuf sie als Mann und Frau – und alles dazwischen“.
Benni
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Donnerstag, 29. Mai 2025
Ich hab heute keine Schule. Weil Vatertag ist. Meine Freunde und ich ziehen mit dem Bollerwagen und zwei Kästen Bier über die Felder. Das passt eigentlich ganz gut zu einer Tradition von Christi Himmelfahrt, die ich kenn. So heißt der Feiertag heute und das ist der eigentliche Grund, warum die meisten frei haben: In meiner Gemeinde geht man an Himmelfahrt raus, nimmt Weihwasser mit und segnet Wiesen und Felder.
In der Bibel steht, dass Jesus an diesem Tag in den Himmel „aufgefahren“ ist. Früher habe ich gedacht, Jesus sitzt in einer Achterbahn und wird nach oben gezogen, bis er im Himmel ist. Aber jetzt, wo ich älter bin, verstehe ich diese Himmelfahrt anders: Jesus ist gestorben, an Ostern wieder auferstanden und einigen seiner Jünger begegnet. Er hat zu ihnen gesagt: Ich gehe zu meinem Vater, also zu Gott. Aber ihnen gleichzeitig versprochen, dass er trotzdem bei ihnen bleibt.
Und so verstehe ich auch Himmelfahrt viel besser. Jesus ist nicht irgendwo weit weg, sondern immer und überall bei uns. Überall zwischen Himmel und Erde. Wenn heute also wieder Felder und Wiesen gesegnet werden, dann verbinde ich auch damit: Jesus begleitet uns mit seinem Segen, drinnen und draußen. Auch, wenn wir über die Felder ziehen. Egal, ob wir da mit Weihwasser oder mit Bollerwagen unterwegs sind.
Benni
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Mittwoch, 28. Mai 2025
Ich hab jetzt einen Plattenspieler. Aber meine neueste Errungenschaft ist auch gleichzeitig das Älteste, was ich besitze. Der Plattenspieler ist über 35 Jahre alt. Ich hab ihn bei meinen Großeltern in einem alten, staubigen Schrank gefunden und hat mal meiner Mama gehört, als sie so alt war wie ich.
Obwohl er schon so uralt ist, funktioniert er noch. Und ehrlich gesagt höre ich damit viel lieber Musik als über Spotify oder so. Der Plattenspieler macht Musik hören zu einem richtigen Erlebnis. Wenn ich ein Lied hören will, dann geht das ganz anders, als wenn ich beim Handy nur schnell auf Play drücke. Ich muss erstmal die Platte suchen, sie aus der Verpackung nehmen, auflegen und den Plattenspieler in Gang bringen. Das dauert, aber ich finde das toll, gerade weil man so viel machen muss, bevor man Musik hören kann.
Seit ich Platten höre, fühlt sich Musik ganz anders an. Ich überlege mir immer genau, welche Platte ich auflege, und dann nehme ich mir bewusst Zeit dafür. Bei einem Plattenspieler gibt es nicht einfach so ein Konsumverhalten und ich hab auch nicht so den Drang immer 'nen neuen Song zu suchen oder ein Lied zu überspringen, wenn mir das nicht gefällt. Nicht einfach schnell auf den nächsten Song zu klicken, lässt mich die Musik viel mehr wertschätzen und genießen. Das macht den Plattenspieler für mich so besonders. Und noch was: Das Ding sieht einfach verdammt cool aus.
Benni
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Dienstag, 27. Mai 2025
Ich kann mir KI aus meinem Alltag gar nicht mehr wegdenken. Ich korrigiere meine E-Mails auf Rechtschreibung, lasse den KI-Chatbot für mich das Internet nach Dingen durchsuchen und rechne auch mal eine Excel-Tabelle damit aus. KI ist einfach eine große Hilfe für mich. Gefühlt hat das Ganze nur Vorteile; aber eben nur gefühlt.
Dass ChatGPT und andere KIs in Deutschland und Europa so gut laufen und mittlerweile schon so viel können, das liegt vor allem an den sogenannten Datenarbeitern im Globalen Süden, zum Beispiel in Indien oder Kenia.
Viele dieser Arbeiter sind IT-Fachleute und können echt was – doch sie werden ausgebeutet, für unsere Zwecke und unsere Technologien.
Wir bekommen davon nichts mit, aber was da abgeht, ist ganz schön krass:
Damit KI immer freundlich antwortet, muss man ihr beibringen, was sie nicht sagen darf und welche Inhalte sie löschen muss. Das müssen die Datenarbeiter erledigen. Deswegen schauen sie jeden Tag für wenig Geld und ohne psychologische Begleitung Gewaltvideos und Pornografie und bewerten den Inhalt.
In Deutschland würde so etwas in dem Ausmaß nicht gehen, denn solche Arbeitsbedingungen und Löhne sind menschenunwürdig und deshalb bei uns nicht erlaubt.
Für mich heißt das nicht, KI zu boykottieren – ich glaube, das wäre der falsche Weg. Aber ich finde, dass es für solche Jobs angemessene Löhne und vor allem psychologische Begleitung braucht.
Ich finde es wichtig, das bei der Nutzung von KI im Hinterkopf zu behalten.
Benni
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Montag, 26. Mai 2025
Seit ein paar Monaten lerne ich jetzt Türkisch. Wirklich viel kann ich noch nicht. Aber für ein „Guten Tag“ und „wie geht’s dir?“ reicht's schon.
Ich finde, bei der ganzen Migrationsdebatte wird auch viel auf unseren türkischen Mitbürgern herumgetrampelt. Da heißt es oft: „Die können ja nicht mal unsere Sprache, die wollen sich gar nicht integrieren.“ Ich finde das so null verständlich und respektlos. Deutschland ist nun mal ein Einwanderungsland. Und darüber können wir auch froh sein, denn ohne Leute, die zu uns kommen, würden uns in Deutschland nicht nur viele Fachkräfte fehlen, sondern auch die Vielfalt an Essen und Kultur. Ohne Migration würde mir ganz sicher was fehlen.
Umso schöner finde ich es, wenn Leute, deren Familie nicht von hier stammt, dann trotzdem Deutsch sprechen. Zwar meist nicht perfekt, aber das macht überhaupt nichts.
Genau deshalb finde ich es schade, wenn einige Deutsche so über Ausländer herziehen, obwohl sie kein einziges Wort von deren Sprache kennen. Nicht mal „Guten Tag“ oder „Hallo“ – und trotzdem erwarten sie gleichzeitig ein perfektes Deutsch.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine paar türkischen Wörter schon eine ganze Menge bewirken können.
Wenn ich meiner türkischen Mitschülerin „Günaydin“ statt guten Morgen wünsche oder wenn ich beim City-Döner „Tesekküler“ statt „danke“ sage und mich auf Türkisch verabschiede – dann kommt immer ein Lächeln zurück. Das ist meine Möglichkeit, Respekt vor deren Sprache und Kultur zu zeigen.
Benni
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Freitag, 24. Januar 2025
Letztes Jahr war ich mit meiner Klasse zu Besuch im Stuttgarter Landtag. Ich hatte die Chance, einem Politiker ein paar zu Fragen stellen. Für mich war besonders wichtig zu hören, wie er über die Jugend denkt.
Ich hatte nämlich kein gutes Gefühl: Auf TikTok waren da gerade ziemlich viele rechte und auch extreme Videos im Trend. Auch auf YouTube und anderen Kanälen hat mich immer mehr populistische Meinungsmache erreicht. Doch der Politiker war zuversichtlich. „Die Jugend wählt grün und links“, hat er gesagt.
Ich bin der Meinung, da hat er nicht recht. Die Jungwähler, also die zwischen 16 und 24, haben zumindest bei der Europawahl der AfD die meisten Stimmen gegeben. Das hat mich schockiert.
Jetzt stehen wir vor der nächsten Wahl, und die Politiker müssen sich unbedingt mehr Gedanken machen, wie eine Politik für junge Menschen aussehen kann.
Würde sich ein Politiker bei mir an den Küchentisch setzen, hätte ich ihm einiges zu sagen. Erstens: Wir brauchen eine große Veränderung in unseren Schulen. Wir müssen dort lernen, wie wir zum Beispiel mit Fake News umgehen und wir brauchen Zeit im Stundenplan, um über aktuelle Ereignisse zu reden. Zweitens: jedes Kind muss ganz einfach ein Musikinstrument lernen dürfen oder in den Sportverein gehen können, ohne dafür einen komplizierten Antrag zu stellen. Zu viele Kinder sind bei uns nämlich von Armut bedroht, in Baden-Württemberg ist das ungefähr jedes 5. Kind.
Doch das Allerwichtigste wäre für mich: dass Politiker da genau hinschauen und erkennen, was wirklich los ist.
Benni
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Donnerstag, 23. Januar 2025
In meinem Schrank hängt ein ziemlich alter Mantel, ein Trenchcoat, um genau zu sein. Er ist beige, man kann ihn mit einem Gürtel zubinden und er ist ungefähr doppelt so alt wie ich. Der Mantel hat meinem Onkel gehört. Er ist letzten Sommer gestorben und beim Ausmisten seiner alten Sachen ist mir dieser Mantel aufgefallen. In die Schule ziehe ich zwar immer das Gleiche an: Jeans und Pulli. Aber irgendwie finde ich diesen alten Mantel toll.
Er ist auch nicht das einzige alte oder Second-Hand-Kleidungsstück, das ich habe. Ich habe zum Beispiel noch eine alte Weste. Zu besonderen Anlässen oder mal zu speziellen Outfits passt die super. Und irgendwie finde ich es cool, so Klamotten von früher zu tragen, weil sie auch eine Geschichte erzählen. Mein Onkel hat den Mantel wahrscheinlich mit Anzug und Krawatte getragen. Er war Polizist und hatte auch viele Hüte im Schrank. Ich kann mir vorstellen, dass er aussah wie Sherlock Holmes, wenn er den Mantel anhatte. Ich werde eher eine Jeans und einen Rollkragenpullover unter dem Mantel tragen. So ein Outfit trage ich dann ganz bewusst, nicht in der Schule, vielleicht mal bei einem Geburtstag oder wenn wir mal essen gehen.

Wenn ich in meinen Kleiderschrank schau, dann finde ich da ganz schön viel Fast Fashion. Und nur die wenigsten Kleidungsstücke sind gebraucht oder erzählen eine Geschichte. Aber die, die es tun, wie mein Mantel oder meine Weste, das sind mir die liebsten.
Benni
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Mittwoch, 22. Januar 2025
Meine Schwester sagt zu mir: „Politik ist halt nicht so mein Hobby.“ Ich war erst mal baff. Ich meine, Politik ist doch kein Hobby – es betrifft uns alle. Aber für meine Schwester fühlt es sich anders an. Sie sagt, sie merkt gar nicht, welche Auswirkungen die Arbeit von Politikern auf ihr Leben hat. Zum Teil hat sie wahrscheinlich recht. Klar, durch Formate wie die Tagesschau oder Nachrichten im Radio checkt man, was gesellschaftlich gerade passiert. Aber über welche Themen beispielsweise im Bundestag diskutiert wird, wissen die meisten gar nicht.
Dieses Problem haben auch die Gründer der „Democracy App“ erkannt. Dahinter steckt ein gemeinnütziger Verein, der uns die Arbeit der Politiker näherbringen möchte.
Ich mag die App, weil sie so einfach zu bedienen ist wie Insta. Mit einem Klick kann man sehen, welche Anträge im Bundestag grad diskutiert werden. Und das Beste dabei: ich kann bei den Themen meine Stimme abgeben. Natürlich hat das keinen direkten Einfluss auf die Entscheidungen der Politiker. Aber immerhin zeigt das, was Menschen von deren Vorschlägen halten. Zuletzt hab ich zum Beispiel was gelesen zum Thema Rente, und das ist schließlich relevant für die ganze Gesellschaft.
Ich finde es cool, dass ich über die App von Themen erfahre, die wichtig sind für unser Leben. Und deshalb ist Politik eben viel mehr als ein Hobby und geht uns alle was an.