Anna R.
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Dienstag, 13. Juli 2021
Mein Freund hat einen Opa, der mehr und mehr dement wird. Früher hat er gestrotzt vor Energie und sich immer am wohlsten gefühlt, wenn viel los war. Aber seit ein paar Monaten baut er richtig ab. Er kann sich kaum noch an etwas erinnern; manchmal nicht einmal an die Menschen um ihn herum. Ich kenne viele Leute, die sagen, dass sie, wenn sie dement würden, nicht weiterleben wollten. Das kann ich verstehen. Demenz ist auch für mich so beängstigend, weil fast mein ganzes Leben aus Kopfarbeit besteht. In der Schule, der Uni und auch in meinem künftigen Beruf geht es fast nur darum, mit dem Kopf zu arbeiten. Also keine körperliche, sondern mehr geistige Arbeit zu leisten. Wer diese Fähigkeit verliert, ist gesellschaftlich schnell außen vor. Ich glaube aber, dass ein Leben mit einer Einschränkung wie Demenz genauso wertvoll ist wie jedes andere. Und auch, dass es lebenswert ist. Für den Opa meines Freundes ist es einerseits gerade richtig schwer. Er weiß ja, was mit ihm passiert und kann es nicht aufhalten. Andererseits gibt es immer noch Momente, in denen er glücklich ist und Spaß hat. Das sind vor allem die Tage, an denen seine Enkel ihn besuchen. Mit ihm spazieren gehen, singen oder „Mensch ärgere Dich nicht“ spielen. Und ihm einfach durch ihre Gesellschaft ein gutes Gefühl geben. Durch sie bleibt sein Leben so reich und glücklich wie eben möglich.